EU-Lieferkettengesetz, LkSG

Das Lieferkettengesetz in Deutschland, wieweit ist das EU-Lieferkettengesetz (LkSG) und was gibt es als Schweizer Firma zu beachten?

EU-Lieferkettengesetz, LkSG
Kategorie
Andere
Letztes Update
22/3/2024

Die Einhaltung von Menschenrechten, der Schutz von Natur und Umwelt sowie die Nachhaltigkeit von europäischen Unternehmen sind Massnahmen, die seit 2023 im Rahmen des Green Deals von der EU als verpflichtende Standards eingeführt worden sind. Das Lieferkettengesetz soll die dazu erforderliche Transparenz gewährleisten, in die multinationalen Konzerne für Mängel innerhalb der Lieferketten zur Verantwortung gezogen werden.

Der globale Warenverkehr ermöglicht uns Einkäufe zu Billigpreisen, die noch vor einer Generation undenkbar gewesen wären. Sollten aber Güter, die auf dem Weg in unsere Haushalte und heimischen Unternehmen den halben Erdball umrundet haben, nicht eigentlich viel teurer sein?

Das Gegenteil ist der Fall. Möglich werden diese Dumpingpreise durch die Herstellung der Produkte in Lohnbilligländern. Während in westlichen Industrienationen Klima- und Umweltschutz eine immer grössere Rolle spielt, findet dies in Entwicklungsländern kaum bis gar keine Beachtung. Nebeneffekt: für unsere verbesserten Emissionswerte zahlen Entwicklungsländer doppelt und dreifach drauf.

Um dieser Ungerechtigkeit endlich Einhalt zu gebieten, gibt es das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz oder LkSG. Es soll die Verantwortung von Unternehmen sowie die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten regeln. Zu diesen Pflichten zählen die Einhaltung von Arbeitsschutz und das Recht auf faire Bezahlung, das Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit, die Einhaltung des Rechtes auf Gewerkschaften und Mitarbeitervertretungen, der Schutz vor Kinderarbeit sowie Tier- und Umweltschutz. Das Lieferkettengesetz soll globale Lieferketten fair machen und den Profit auf allen beteiligten Seiten von den Produzenten bis zum Konsumenten garantieren.

Faire Globalisierung durch das Lieferkettengesetz

Das Bundeskabinett hat am 3. März 2021 einen ersten Entwurf des Gesetzes vorgelegt. Am 22 Juli 2021 wurde es im Bundesgesetzblatt vorgelegt. Im Jahr 2023 ist das Lieferkettengesetz vom Bundesamt für Wirtschaft und Aussenkontrolle (BAFA) in Deutschland erarbeitet worden. Es galt zunächst für Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten. Seit dem 1. Januar 2024 betrifft es auch Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten.

11 international anerkannte Menschenrechtsübereinkommen sind im Gesetz als geschützte Rechtspositionen verankert. Das Gesetz richtete sich zunächst an Unternehmen mit Hauptverwaltung, Niederlassung und Sitz- oder Zweigstellen in Deutschland zur Einhaltung von Menschenrechten. Dazu wurden detaillierte Sorgfaltspflichten definiert.

Diese beinhalten die Etablierung eines Risikomanagements, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen zu erkennen, zu minimieren und, wo immer möglich, komplett auszuschliessen. Das Gesetz definiert ebenfalls, welche Vorsorge und Änderungsmassnahmen vollzogen werden müssen, es verpflichtet Unternehmer zudem zu regelmäßiger Berichterstattung und zu Beschwerdeverfahren.

Diese Pflichten beziehen sich nicht nur auf das eigene Unternehmen, sondern auch auf die Vorgehensweise von Vertragspartnern sowie die Handlungen aller an der Lieferung Beteiligten.

Schweiz zieht nicht mit

Mit diesem Gesetzentwurf hatte die EU einen Plan vorgelegt, der die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz regeln soll. Damit sind nicht alle Konzerne einverstanden.

So weigerte sich beispielweise die Schweiz, Verantwortung darüber zu übernehmen, wie die Steuern eingenommen wurden, die sie erwirtschaftet hat. Da der Schweiz im Welthandel aber eine überaus bedeutende Rolle zukommt, ist es um so wichtiger, auch sie an Bord zu kriegen.

In der Schweiz gilt die Verordnung über Sorgfaltspflichten und Transparenz in den Bereichen Mineralien und Metalle aus Konfliktgebieten sowie Kinderarbeit (VSoTr). Die neuen Sorgfaltspflichten für Unternehmen orientieren sich an den Regelungen der EU und gehen teilweise über diese hinaus. Es handelt sich um den Gegenvorschlag des Parlaments im Zuge der Ablehnung der Volksinitiative „Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Menschen und Umwelt“.

Missachtung zieht empfindliche Strafen nach sich

Bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Sorgfaltspflicht können Bussgelder bis zu 8 Millionen Euro, bzw. 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden, bei Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Ab einer bestimmten Höhe ist es möglich, dass Unternehmen künftig von der Vergabe von Aufträgen gänzlich ausgeschlossen werden.

Um die Einhaltung des Lieferkettengesetzes überwachen zu können, ist das BAFA mit Kontrollbefugnissen ausgestattet, die es gestatten, Unterlagen einzusehen, Büros und Geschäftsräume zu betreten, bestimmte Verfahren zur Erfüllung der Pflichten durchzusetzen und infolgedessen nötigenfalls auch Zwangsgelder zu verhängen.

Ursprung des Lieferkettengesetzes

Bereits im Jahre 2016 wurde in der Bundesrepublik der sogenannte Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. Der Plan sollte Beitrag sein zu einer gerechteren Globalisierung und basiert auf den Leitlinien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte. Der Plan sollte garantieren, dass Schutz und Sorgfaltspflicht nicht nur in staatlicher Hand liegen, sondern auch die Unternehmensverantwortung mit einbezieht. Für die Praxis werden momentan entsprechende Handlungsanleitungen erarbeitet.

Grund für die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes war der erschreckende Umstand, dass bis dahin nur für knapp ein Fünftel aller Unternehmen in der Bundesrepublik, die mehr als 500 Mitarbeiter hatten, die Einhaltung von Menschenrechten überhaupt eine Rolle spielte. Es hatte sich gezeigt, dass eine freiwillige Selbstverpflichtung hierzu nicht ausreichend war.

Die Bundesregierung vereinbarte, auf diesem Gebiet nicht nur im eigenen Land tätig zu werden, sondern verbindliche Regeln auch auf die EU auszuweiten. Inwieweit das Lieferkettengesetz sich positiv auswirkt, soll erstmals im Jahre 2026 geprüft werden. Bis dahin wird es hoffentlich eine EU-weite Gesetzgebung geben.

Die Kernelemente des NAP

Die Basis des Sorgfaltspflichtengesetzes steht auf verschiedenen Kernelementen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte. Diese sind: die Etablierung eines Risikomanagements sowie Beschwerdemanagement in Unternehmen, die Bestimmung eines Verantwortlichen für die betriebsinternen Zuständigkeiten, regelmäßige Risikoanalysen, das Einhalten von Grundsatzvereinbarungen, Sicherheitsmassnahmen im eigenen Unternehmen in Bezug auf Zulieferer sowie auch die Meldung bei möglichen Vertragsverletzungen mittelbarer und unmittelbarer Zulieferer, die Verpflichtung, Abhilfen zügig umzusetzen, regelmässige Dokumentation und Berichterstattung.

Die Dokumentationen aller Sorgfaltspflichten müssen in einem jährlichen Bericht spätestens vier Monate nach Ende eines Geschäftsjahres dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vorgelegt werden und auf der Unternehmenshomepage öffentlich einsehbar sein.

Schwächen im System

Berichtspflichten im Sinne des  Lieferkettengesetz betreffen derzeit in Deutschland ansässige Unternehmen. Zulieferer sind davon weitestgehend ausgeschlossen. Mit Kontrollen oder gar Sanktionen haben Zulieferer also nicht zu befürchten, wenn sie ausserhalb des gesetzlichen Anwendungsbereiches liegen. Es obliegt also den Unternehmen, ihre Zulieferer im Blick zu behalten.

Viele Unternehmen setzen bereits auf Nachhaltigkeit und ihre sogenannte Corporate Social Responsibility, kurz CSR oder CSRD genannt. Gemeint ist damit ihre gesellschaftliche Verantwortung gegenüber Umwelt und einer nachhaltigen Wirtschaft. Sie gehen damit mit ihrem Fokus über ihre eigentliche Geschäftstätigkeit hinaus und beweisen gemeinnütziges Engagement auf ganzer Linie. Dabei kann sich allerdings die Umsetzungsstrategie von Betrieb zu Betrieb (je nachdem, ob das Unternehmen produziert oder handelt,) erheblich unterscheiden.

Nachhaltigkeitsbericht ESRS

Die europäische Union hat einheitliche Berichtsstandards festgelegt, die im European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definiert sind und von Wirtschaftsprüfern eingefordert werden. In Zukunft werden diese Berichte für immer mehr Unternehmen Voraussetzung für ihre Geschäftsabschlüsse sein.

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