Wenn uns das Wasser ausgeht ...

Wasserknappheit bedroht Afrika!

Wenn uns das Wasser ausgeht ...
Kategorie
Klimaschutz
Letztes Update
9/2/2018

Wasserknappheit bedroht Afrika schlimmer als jemals zuvor!

“Ich habe einen ganz einfachen Geschmack – immer nur das Beste!“ Diesen Spruch soll Oscar Wilde seinerzeit gesagt haben. Er sagt aus, dass eine Person, die auf sich hält, sich leisten kann anspruchsvoll zu sein. Kein wirkliches Kunststück für jemanden, der das Glück hatte, im westlichen Teil der westlichen Welt geboren zu sein. Im Speckgürtel Europas und Nordamerikas geht es selbst der ärmeren Bevölkerungsschicht vergleichsweise gut. Grund dafür sind nicht zuletzt die günstigen klimatischen Bedingungen unserer Breitengrade.

“Immer nur das Beste“ bezieht sich auf weit mehr als die elementaren Bedürfnisse nach Luft, Grundnahrungsmitteln und Wasser. “Immer nur das Beste“ nutzt auch ein Wasserhersteller als Slogan. Aber kann man Wasser überhaupt herstellen, geschweige denn besitzen? Wie perfide ist es eigentlich, ein solches elementar wichtiges Lebensmittel zu privatisieren und es damit zahllosen Menschen vorzuenthalten, die dafür gar nicht zahlen können? In Afrika bedroht die Wasserknappheit Millionen Menschen. Ein Grund dafür sind anhaltende Trockenzeiten.

Dass der Kontinent seit jeher unter Wasserknappheit und Dürren zu leiden hatte, ist uns bekannt. Die Bilder unterernährter Menschen mit aufgeblähten Hungerbäuchen sind Teil unserer Kindheitserinnerungen, ebenso wie die fast obligatorische Mahnung, wenn wir mal nicht aufessen wollten: anderswo verhungern und verdursten Kinder, weil sie nichts bekommen! Wohl niemand kann sich daran erinnern, wann dieser Spruch nach dem allerersten ungläubigen Entsetzen seine Wirkung verloren hat. Unser Mitleid hielt sich in Grenzen – in den Grenzen einer Welt, die Lebensmittel und Wasser stets im Überfluss hatte und noch immer hat. Spätestens als junge Erwachsene begannen die meisten von uns, die wenigen Idealisten mit ihren verschrobenen Weltrettungsphantasien zu belächeln und sich der eigenen Karriere zu widmen. Afrika war weit weg ...

Wetterextreme häufen sich

Afrika ist noch immer weit weg. Aber die Katastrophen, die den Kontinent heute schlimmer denn je bedrohen, rücken näher. Längst sind nicht mehr nur die Ärmsten der Armen in ländlichen Gebieten betroffen, sondern mittlerweile auch Grossstädte. In Kapstadt ist der Wassermangel zu einem so eklatanten Problem geworden, dass bereits im April der Notstand ausgerufen werden könnte. Ging man bis vor wenigen Wochen noch davon aus, dass dies gegen Ende April so weit sein würde, so gibt der unaufhörlich sinkende Wasserstand bereits Anlass zu der Vermutung, dass dies auch früher eintreten kann.

2017 waren 12 % der Landfläche von extremem Wassermangel bedroht

Inselstaaten droht die Überflutung, anderen dagegen die Trockenheit. Laut des Jahresberichts der US-Klimabehörde kam es 2016 verstärkt zu Dürren. 12 % der Landfläche waren von extremem Wassermangel bedroht. Betroffen waren Teile im Nordosten Brasiliens, Peru und Westkanada. Im Jahr darauf litt Ostafrika unter der Wasserknappheit, in Kalifornien endete gerade eine fünfjährige Trockenzeit. Es sind nicht mehr ausschliesslich Entwicklungs- oder Schwellenländer betroffen, auch der industrialisierten Welt kommen die Klimaveränderungen langsam näher.

Kapstadt geht das Wasser aus

Die Hafenstadt an der Südwestküste Südafrikas, vor dessen Toren einst Nelson Mandela inhaftiert war, gilt mit ihrer umgebenden Landschaft, dem Tafelberg, dem sonnigen Wetter und den zahlreichen Luxushotels entlang der Küste als Touristenmagnet. Dies könnte sich in kürzester Zeit schlagartig ändern. Die Pools der Hotels sind schon jetzt leer, Gärten dürfen nicht mehr bewässert werden. Das Absinken des Grundwasserspiegels durch die Bewässerung von Golfplätzen und Hotelanlagen und ein nicht nachvollziehbarer, verschwenderischer Verbrauch von Wasser auch in Privathaushalten war bereits vor 30 Jahren im Norden des Kontinents, vor allem in Tunesien, ein grosses Problem. Konsequenzen gezogen hat man hier so wenig wie anderswo. Es scheint eine zutiefst menschliche Eigenart zu sein, Alarmsignale sehenden Auges zu ignorieren.

Millionenstadt droht Wasser auszugehen

Nun tritt langsam ein was eintreten musste. Eine derartige Notlage hat die Millionenstadt bisher nicht erlebt. Eine Jahrhundertdürre droht die Stadt lahmzulegen. Nur noch ein Drittel der normalen Wassermenge befindet sich in den Stauseen. Oberbürgermeisterin Patricia de Lille hat die Wasserwarnstufe 6 ausgerufen. Sie selbst geht bei den verordneten Sparmassnahmen mit gutem Beispiel voran. Seit einiger Zeit schon verzichtet sie auf tägliches Duschen und Haarewaschen. In Kapstadt, einer der modernsten und am besten entwickelten Grossstädte des Kontinents, sind die Ursachen neben einer maroden Infrastruktur und einem verschwenderischen Umgang mit dem Wasser durch Klimaphänomene (aktuell El Nino) begründet. Erste Sanktionen wurden bereits verhängt: Wer künftig mehr als 87 Liter Wasser pro Tag verbraucht, muss mit einem Bussgeld rechnen.

Wasserverbrauch bereits eingeschränkt

Bereits jetzt gibt es die Auflage für Privathaushalte, in einem Monat maximal 10'500 l Wasser zu verbrauchen. Im Vergleich dazu: in Deutschland liegt der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch bei etwa 120 Litern, in der Schweiz über 200 Litern. Darin eingeschlossen sind nicht nur das Trinkwasser und die tägliche Körperhygiene, sondern auch Wasser zum Waschen, Putzen, Kochen und die Toilettenspülung. Für Firmen gilt eine noch grössere Einschränkung: Sie müssen ihren Verbrauch je nach Standort bis zu 60 % senken. Wegen der Gefahr des Ausbruchs von Krankheiten gelten die Regelungen nicht für die Townships. Bisher nicht!

Für viele Unternehmen bedeuten die Einschränkungen das drohende Ende. Vor allem solche, die auf Wasser angewiesen sind wie Gärtnereien, die Tourismusbranche, Autowaschanlagen und auch der Weinanbau sind unmittelbar betroffen. Der Wassermangel könnte neben der nicht mehr gesicherten Grundversorgung die Arbeitsplätze von 50.000 Menschen bedeuten.

Stauseen trocknen aus

Die Stadt sowie alle umliegenden Gebiete werden aus demselben System gespeist. Ein Grossteil (mehr als 60 %) werden von der Stadt bezogen. Der Rest fliesst in die umliegenden Gemeinden und die Landwirtschaft. Bei der Bewässerung von Obst und Gemüse allerdings gehen rund 15 % bereits durch Verdunstung verloren und erreichen die Wurzeln der Pflanzen gar nicht erst. (Mit ähnlichen Problemen kämpft auch die Landwirtschaft in Spanien.)

Sollten die Massnahmen fruchtlos bleiben und die Wassermenge der Stauseen um Kapstadt unter 13 % sinken, wird der Stadtverwaltung spätestens Ende April; möglicherweise auch früher; die Aufgabe bevorstehen, das Wasser endgültig abzustellen. Allein der Theewaterskloof, einer der grössten Wasserreservoirs der Stadt, ist in der Lage 480 Millionen Kubikmeter Wasser zu speichern. Auch sein Wasserstand aber sinkt täglich in beängstigender Geschwindigkeit. Für die Bürgerinnen und Bürger Kapstadt würde der ausgerufene Notstand bedeuten, sich an eigens dazu eingerichteten Versorgungsstellen ihre Ration von 25 Litern (das laut Weltgesundheitsorganisation WHO lebensnotwendige Minimum) abzuholen. Die Verteilung des kostbaren Wassers wird dann unter der Aufsicht von Militär und Polizei erfolgen müssen, da bereits jetzt Menschenschlangen an den Verteilern stehen und sich Wasser abzapfen.

Meerwasserentsalzung, Grundwasser, Wiederaufbereitung von Gebrauchtwasser

Meerwasserentsalzungsanlagen und die Wiederaufbereitung von Gebrauchtwasser sieht die Stadt als Möglichkeit, der drohenden aktuellen Katastrophe und zukünftig dauerhaft entgegenzuwirken. Auch die Entnahme des Grundwassers gilt als Option. Hierbei steht allerdings zu befürchten, dass zu schnell abgepumpte Grundwasserreservoirs sich durch eine Sogbildung mit Meerwasser füllen können. Schon jetzt wird den Reserven mehr Wasser entnommen als auf natürlichem Wege nachfliessen kann. Schneller Handlungsbedarf aber ist dringend geboten und schnelle Lösungen sind es, die die Stadt jetzt benötigt. Deutsche Forscher raten dazu, neue Wasservorkommen in tieferen Gesteinsschichten zu erschliessen, so wie dies bereits in Angola und Namibia der Fall ist. In südlichen Regionen der Erde, die von Trockenheit viel heftiger betroffen sind und die Neubildung von Wasser sehr viel länger dauert, könnten die unterirdischen Reservoirs eine Ausweichmöglichkeit in Zeiten von Dürren bedeuten. Diese Vorkommen gibt es auch im Süden des Kontinents. Sie zu erschliessen, aber erfordert Zeit. Zudem kommt es dann darauf an, sie umsichtig zu nutzen und nicht vorschnell auszubeuten.

Wasser wird immer kostbarer

In ländlichen Gebieten Afrikas ist die Verteilung des Wassers per Hand nichts Ungewöhnliches. Selbst im Norden des Kontinents kommt es vor allem während der Sommermonate immer wieder zu Engpässen. Während Eigentümern von Zisternen und Brunnen zumindest noch das Wasser zum Duschen und Putzen bleibt, müssen andere selbst für das Händewaschen auf das teure Trinkwasser aus dem Supermarkt zurückgreifen. Für viele ist dies auf Dauer unerschwinglich. Ihnen bleibt kaum etwas anderes, als bei Nachbarn um etwas Wasser zu betteln.

Kommt das Wasser dann nach Tagen (oft nur für kurze Zeit) zurück, rinnt aus den noch dazu häufig maroden Leitungen eine abgestandene, braune, stinkende Brühe, die nicht trinkbar ist und auch sonst kaum verwendet werden kann. Mitte bis Ende April schon könnte auch in der Millionenstadt Kapstadt dieses Szenario Realität werden.

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